Ein Haus mit klarer Formensprache, großzügigen Proportionen und hoher gestalterischer Qualität – doch das Gefühl von Zuhause stellte sich nicht ein. Die Räume wirkten distanziert, kühl, zu glatt. Was fehlte, war nicht Raum, sondern Resonanz. Im gemeinsamen Prozess wurde deutlich, worum es wirklich ging: das Bedürfnis nach Wärme, Atmosphäre und alltäglicher Verankerung. Gewünscht war ein Wohnumfeld, das Nähe schafft, Gemeinschaft fördert und Rückzug erlaubt – nicht als Gegensatz zur bestehenden Architektur, sondern als ihre Weiterentwicklung. Es ging nicht um Veränderung, sondern um Verfeinerung. Ein behutsames Weiterbauen – mit Blick auf das Leben, nicht nur auf den Raum.
Der neu geschaffene Innenraum lebt von seiner strukturierten Offenheit. Es gibt klare Zonen, aber keine harten Schnitte. Übergänge entstehen durch Licht, Materialien und Maßstäbe – nicht durch Wände. Vom lichten Eingangsbereich über die geerdete Küche bis zum abgesenkten Wohnzimmer wechselt die Stimmung sanft. Die Raumhöhe wird durch vertikale Elemente betont, Blickachsen sind bewusst gefiltert. So entstehen fließende Räume mit Spannung – offen genug für Weite, intim genug für Rückzug.
Die Materialwahl spricht alle Sinne an. Geölte Eiche, Leinenstoffe, Pandomo, unbehandelter Stahl und strukturierter Wollfilz definieren die neue Haptik des Hauses. Keine glatten Oberflächen, keine künstlichen Imitate. Jede Fläche erzählt von Handwerk, Textur und Echtheit. Sichtbeton trifft auf warmes Holz, dunkles Metall auf helle Textilien. Diese Kontraste sind nicht laut, sondern sinnlich – sie machen den Innenraum spürbar. Man sieht die Materialien nicht nur, man fühlt sie.
Licht wurde als Gestaltungsmittel neu gedacht. Tagsüber prägen gezielte Öffnungen und Blickbezüge das natürliche Lichtspiel. Es führt durch die Räume, setzt Akzente, schafft Weite und Tiefe. Abends tritt eine zweite Ebene in den Vordergrund: Ein feines Zusammenspiel aus Tisch-, Wand- und Bodenleuchten gliedert die Räume, ohne sie zu zerteilen. Licht markiert, verbindet, erzählt. Besonders am Esstisch entsteht ein neuer Mittelpunkt – atmosphärisch inszeniert durch eine maßgefertigte Leuchte, die Nähe schafft, ohne sich in den Vordergrund zu drängen.
Zahlreiche Möbel und Einbauten wurden speziell für diese Räume entworfen – nicht als Designobjekte, sondern als funktionale Architektur im Kleinen. Die zweigeschossige Lamellenwand im Wohnraum strukturiert den Raum vertikal und zoniert ihn zugleich. Das Sideboard im Essbereich ergänzt den Tisch sowohl funktional als auch räumlich. Eine zentrale Sofa-Insel bildet zusammen mit handgefertigten Beistelltischen einen einladenden Ort des Austauschs. Im ruhigeren Teil des Hauses bietet eine maßgefertigte Bibliothekswand Raum für Konzentration und Sammlung. Hohe Arbeitstresen und weiche Polsterzonen schaffen eine Atmosphäre, in der man ankommen, lesen oder nachdenken kann – allein oder in Gesellschaft. Alles greift ineinander, nichts steht für sich allein.
Das neue Interior bleibt offen für Veränderung. Räume wurden nicht abschließend definiert, sondern so gedacht, dass sie sich an unterschiedliche Lebensphasen und Bedürfnisse anpassen lassen. Was heute Rückzugsort ist, kann morgen Arbeitszimmer, Atelier oder Gästezimmer sein. Materialien und Strukturen sind zeitlos gewählt, Zonierungen flexibel nutzbar. So entsteht ein Wohnraum, der nicht nur auf den Moment reagiert, sondern auf das Leben in all seinen Facetten vorbereitet ist – wandelbar, verlässlich und immer wieder neu erlebbar.